Auf dem Koblenzer Oberwerth ist in diesen Tagen alles ein wenig anders: Im Stadion ruht der Sportbetrieb, auf dem Parkplatz hat die Fieberambulanz ihre Zelte aufgeschlagen – und auf dem Gelände des Wasserwerks entsteht derweil ein neuer Brunnen. Im Auftrag der Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein (VWM) treiben die Fachleute des Spezialunternehmens Daldrup & Söhne aus Ascheberg ihre Bohrmeißel Stück für Stück in die Tiefe, bis sie auf dem Grund des Neuwieder Beckens angekommen sind. Dort werden sie auf die Wasservorräte stoßen, die künftig dabei helfen, die Versorgungssicherheit noch weiter zu verbessern.
Auf dem weitläufigen Gelände des Wasserwerks haben die Bauarbeiter buchstäblich ihre Ruhe. Aus guten Gründen ist es für die Öffentlichkeit gesperrt: Das Grundstück gehört zur Wasserschutzzone 1 und genießt damit den höchsten Schutz. Nichts soll hier die Qualität des Trinkwassers als Lebensmittel beinträchtigen. Entsprechend sensibel gestalteten sich auch die Vorarbeiten: Wie Projektleiter Daniel Gronwald von der Energieversorgung Mittelrhein (evm) erläutert, haben die Planungen vor über einem Jahr begonnen. Ende letzten Jahres schließlich wurden Probebohrungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass der neue Brunnen auch an optimaler Stelle entsteht und die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord damit einverstanden ist.
Brunnen IV, der derzeit auf dem Oberwerth entsteht, liegt strategisch günstig in der Mitte zwischen zwei anderen Brunnen und wird nach seiner Fertigstellung eine wichtige Rolle in punkto Versorgungssicherheit spielen. Der Leiter der Wasserwirtschaft bei der evm, Wolfgang Kochhan, erklärt: „In Zeiten des Klimawandels ist es wichtig, dass wir Vorsorge treiben und alles dafür tun, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser zu jeder Zeit gewährleistet ist. Auch dann, wenn über Wochen hinweg kein Niederschlag fällt und der Pegel des Rheins sinkt.“ Die evm kümmert sich als Betriebsführerin im Auftrag der VWM um die Trinkwasserversorgung in der Region.
Die Hauptlast trägt Brunnen I – „der Star unter unseren Brunnen“, wie Wolfgang Kochhan unterstreicht. Dieser kann bis zu 1500 Kubikmeter Wasser pro Stunde aus der Tiefe des Neuwieder Beckens fördern. Die Brunnen II und III zusammen fördern nur 1200 Kubikmeter pro Stunde. Um diese Lücke, zu schließen wird nun der Brunnen IV gebohrt. Denn auch die Brunnen der evm müssen regelmäßig gewartet werden und dann einige Tage stillstehen. Gerade dann ist es wichtig, genügend Brunnenkapazitäten zur Verfügung zu haben. Da hilft künftig Brunnen IV, der mindestens 300 Kubikmeter pro Stunde fördern soll.
Insgesamt 14 Meter treiben die Bauarbeiter ihre Bohrmeißel in die Tiefe und schieben nach und nach das Stahlrohr nach. Unten angekommen stößt der Meißel auf den Felsgrund des Neuwieder Beckens – genau dort, wo sich das Wasser im Untergrund sammelt. Das ist übrigens auch der Grund dafür, dass die Trinkwasserversorgung auch bei Trockenheit und niedrigem Rheinpegel kein Problem ist. Die Entnahmestellen sind mit Kies- und Sandschichten überlagert und trocknen nicht aus. Wolfgang Kochhan: „Solange es Wasser im Rhein gibt, können wir auch fördern.“
Das entnommene Rohwasser hat hier bereits Trinkwasserqualität. Vom Brunnen aus wird es ins Wasserwerk gepumpt und gelangt zunächst in die sogenannte Verdüsung. Dort wird Kohlensäure entzogen und Sauerstoff zugeführt. Danach geht’s durch die Aktivkohlefilterung, ehe es dann entweder in einen der Hochbehälter oder direkt ins Leitungsnetz der Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein gelangt.
Der neue Brunnen IV wird noch im Laufe des Jahres ans Netz gehen. Vorher wird auch er noch eingehaust, sodass künftig auf dem Wasserwerksgelände auf dem Oberwerth ein weiteres kleines blaues Häuschen stehen wird, in dessen Inneren sich der Brunnen befindet. Durch die Investition in sechsstelliger Höhe ist die Trinkwasserversorgung für rund 160.000 Haushalte noch sicherer als heute und auf eine weitere Veränderung des Klimas eingestellt.
Ein Video zum Brunnenbau ist hier zu finden: https://youtu.be/MhKuQMLMIoI