Symbiose von Natur und Technik
Bestmögliche Bedingungen für (Tomaten-)Pflanzen
Die Frage, ob sie überhaupt Tomaten mögen und noch sehen können, bejahen Daniel (19) und Pascal (18) schmunzelnd.
Die beiden stolzen Gewinner des Regionalwettbewerbs (Koblenz) von Jugend forscht haben ein Programm namens Kayen 2.0 selbst entwickelt. Der Name setzt sich zusammen aus dem hebräischen Wort für Leben und der Lautschrift für Künstliche Intelligenz (KI). Mit diesem intelligenten Pflanzenaufzuchtsystem ziehen sie Pflanzen – als geeignet stellte sich die Tomate heraus - unter optimalen Bedingungen groß.
Warum?
Ausschlaggebend für ihr Projekt waren das Advanced Plant Habitat (APH) der NASA, die vielen Möglichkeiten moderner Technologien und die unterschätzte Wichtigkeit der Agrarwirtschaft.
„Die APH ist die größte Pflanzenwachstumseinrichtung auf der Raumstation ISS und verfügt über 180 Sensoren und Steuerungen zur Überwachung des Pflanzenwachstums und der Umwelt“, sagte die zuständige Projektmanagerin der NASA.
Bereits seit November 2019 beschäftigen sich die beiden mit dem Prototypen von Kayen. Das damalige autonome Pflanzenaufzuchtsystem sollte eine Pflanze ohne menschliche Hilfe zum Wachsen bringen. Damit belegten sie bereits damals bei Jugend forscht den zweiten Platz.
Letztes Jahr startete das Pflanzenaufzuchtsystem in die zweite Runde.
Das Ziel von Kayen 2.0 des diesjährigen Projektes war es, die Automatisierung auf ein neues Level zu heben und zeitgerechte Technologien, wie etwa Deep Learning, einzubauen. Sie interessierte die Anwendbarkeit von KI in Verbindung mit dem Pflanzenwachstum.
Im Vergleich zum Vorjahr sollte das System nicht mehr bloß eine Pflanze großziehen, sondern auch an Stabilität, Benutzerfreundlichkeit und Skalierbarkeit gewinnen. Das sollte aus Kayen 2.0 nicht nur ein autonomes Forschungsobjekt, sondern ein intelligentes, potentiell marktfähiges System machen.
Wie?
Was hat sich konkret geändert und verbessert? Daniel und Pascal achteten bei der Entwicklung des Systems auf zwei Aspekte: Es sollte möglich sein, das System auf mehrere Container einfach und komplikationslos zu erweitern. Genauso wichtig war ihnen, die Software konfigurierbar zu machen.
Eine große Rolle bei ihrem Projekt spielt, wie bereits erwähnt, die Künstliche Intelligenz. Diese lernt selber über verschiedene Algorithmen und wurde dazu mit 65 000 Bildern mit Pflanzen „gefüttert“.
Die Schüler bauten ein Gehäuse, das in zwei Abschnitte geteilt ist. Die eine Hälfte bietet Platz für die Tomatenpflanzen, die andere Hälfte beinhaltet die Hardware. Ganz praktisch konzipiert durch das Abnehmen der oberen und vorderen Platten für den Gebrauch. Im Holzcontainer, dessen Innenraum durch Klarlack vor Feuchtigkeit geschützt wurde, befanden sich verschiedene Sensoren und Komponenten. Diese messen seit Januar 2022 in jeder Sekunde, wie es dem zarten Pflänzchen geht.
Licht erhielt die Pflanze durch LEDs, die im 12-Stunden-Takt automatisch ein- und ausgeschaltet wurden. Die Flüssigkeitszufuhr erfolgte über eine 12V Pumpe, die Wasser aus einem Kanister zur Pflanze beförderte. Eine 12V Heizplatte sorgte für die notwendige Wärme und ein CPU-Lüfter für die Verteilung der warmen Luft im Raum.
Eine eingebaute Webcam macht alle sechs Stunden ein Foto. Diese Bilder vergleicht die KI mit ihrem vorhandenen Datenbestand und ermittelt über einen Datenabgleich, eventuelle Krankheiten oder Beeinträchtigungen der Pflanze.
Dieses System ist gut durchdacht. Das Komplexe daran, alles aufeinander abzustimmen.
Was?
Die beiden entschieden sich für Strauchtomaten, als Probanden sozusagen. Nicht zuletzt, weil sie 2021, als sie sich das erste Mal mit diesem Projekt beschäftigten, keine so guten Erfahrungen mit Bohnen gemacht hatten. Diese wuchs ihn buchstäblich über den Kopf. Die Cherry-Tomate hingegen wird nur etwa 30 bis 50 Zentimeter hoch und ist eine kompakte, robuste Pflanze.
Trotz einiger Schwierigkeiten, in den Weihnachtsferien war der Strom ausgefallen, kamen sie zu brauchbaren Ergebnissen.
„Wir konnten unser Konzept weitestgehend gut umsetzen und entwickelten ein funktionierendes, intelligentes Pflanzenaufzuchtsystem, welches mit Hilfe einer Webseite gesteuert und ausgelesen werden konnte.“
Geplant ist, sobald feststeht, dass die KI den Gesundheitszustand der Pflanze zuverlässig bestimmen kann, ihr die Möglichkeit zu geben, optimale Richtwerte selbstständig zu ermitteln und damit ein effizientes und gesünderes Pflanzenwachstum anzustreben sowie sofortige Maßnahmen gegen Defizite einzuleiten.
Wohin?
Wenn dieser Artikel erscheint, werden die beiden ihr Abitur in der Tasche haben und sich jeder auf sein Studium vorbereiten. Pascal möchte Physik studieren, Daniel Informatik in Kombination mit Volkswirtschaftslehre. Die beiden Freunde werden dies in Heidelberg tun.
Was aus ihrem Projekt wird?
Mitnehmen werden sie es nicht können. Vielleicht kann es in der Schule verbleiben und es findet sich jemand aus der Schülerschaft, der es fortführt.