„Mach‘ dir einen Kopf“. Unter dem Motto steht „Jugend forscht“ in diesem Jahr. Cyrano Schneising ist einer, der sich einen Kopf gemacht hat. Er ist 17 Jahre alt und besucht die Integrierte Gesamtschule Maifeld in Polch. Er ist der Einzige an der Schule, der teilgenommen hat.

 Ein ungewöhnlicher, junger Mann mit einem ungewöhnlichen Namen. Inmitten eines „Komponistenviertels“ wohnt der mathematisch sehr Interessierte mit seiner Familie. Er ist nicht der einzige Kopfrechner in der Familie – vielleicht eine Fähigkeit, die er als Kind beim Spielen von „Trio“ entwickelt hat.

Genau dieses Spiel fasziniert ihn bis heute und bildet den Kern seiner Projekte bei „Jugend forscht“.
So auch in diesem Jahr, in dem Cyrano seine 2023 geschriebene  App in ein Format für eine iPad-App umgeschrieben hat, um sie in der Zukunft in Schulklassen anwenden zu können. Diese neue App kann abgewandelte Spielformen des Originals repräsentieren. Sie trägt den Namen „CalcHunt“ (aus dem Englischen „calculation hunt“), was so viel bedeutet wie „Jag(t) die Rechnung“.

Worum geht es?

In der Welt der Spiele gibt es zeitlose Klassiker, die Generationen überdauern. Einer dieser Klassiker ist das Mathematikspiel „Trio“ des deutschen Ravensburger Spieleverlags GmbH. Doch was passiert, wenn ein junger Rechenkünstler sich dieser traditionsreichen Herausforderung annimmt und sie in die digitale Ära katapultiert?
Cyrano hat im letzten Jahr die Digitalisierung von „Trio“ mit einer eigens entwickelten App vorangetrieben. Diese ermöglicht es, das Spiel auf mobilen Endgeräten zu erleben. Doch die Verbindung zu „Trio“ reicht tiefer als der Code seiner App. Cyrano ist quasi mit dem Spiel aufgewachsen, ebenso wie seine Mutter, die es schon im zweiten Schuljahr mit ihrer Oma spielte. Das Originalspiel aus dem Jahr 1974 hat nach wie vor einen Ehrenplatz im Wohnzimmer der Schneisings und wird noch immer gespielt.

Das Kombinationsspiel „Trio“ fordert die Spieler heraus, passende Zahlenkombinationen durch Kopfrechnen zu finden. Die 49 bunten Kartonkärtchen mit Zahlen von eins bis neun werden in sieben Zeilen und sieben Spalten ausgelegt. Das Ziel? Eine Zahl von 1 bis 50, auf runden, blauen Zahlenchips aufgedruckt, muss im quadratischen Zahlenfeld gefunden werden. Doch hier endet die Einfachheit – es geht nicht nur um die Zahl selbst, sondern um die cleveren Verknüpfungen durch Multiplikation, Addition oder Subtraktion der Ziffern. Die zusätzliche Hürde: Die erlaubten Ziffern müssen senkrecht, diagonal oder horizontal zueinander liegen. Ein Spiel, das wirklich dazu anregt, sich „einen Kopf zu machen“.

Trio 3.0  goes CalcHunt

In Cyranos neuester Version modifiziert er die Regel mit den senkrechten, horizontalen und diagonalen Verknüpfungen – es reichen jetzt Berührungspunkte. Ein innovativer Ansatz, den Cyrano als die Möglichkeit bezeichnet, einen Lösungsweg "über-Eck" zu haben, was das Spiel „benutzerfreundlicher“ macht.

Im Jahr 2021 begann Cyrano mit einer ausgiebigen Analyse, indem er den Sommer über 100 Spiele mit je 50 Lösungen spielte. Diese intensive Datenmenge verarbeitete er und erstellte eine Tabelle, um die Wahrscheinlichkeiten, ob immer alle Lösungszahlen gefunden werden können, zu berechnen. Außerdem errechnete er, ob es möglich ist, das gleiche Spielfeld erneut zu legen. Das Ergebnis: extrem unwahrscheinlich.
Im Jahr darauf setzte er sein Vorhaben fort und programmierte das Spiel mit Python, wodurch er auf eine Million Spiele kam – das Projekt „Trio 2.0“ war geboren. Sein Anliegen: seine Ergebnisse des Vorjahres zu überprüfen.

2023 brachte Cyrano Trio auf eine Website, indem er es in HTML schrieb, mit der Absicht, es auf Reisen mitnehmen zu können. Er gewann damit den Regionalwettbewerb. In seinem aktuellen Projekt für „Jugend forscht“ optimierte er das Spiel weiter, dieses Mal für das iPad, und setzte dabei die Apple Programmiersprache Swift ein, die er sich selbst beigebracht hatte.

Um die Wirksamkeit seiner Entwicklung, nun als „CalcHunt“ bekannt, zu belegen, unterzog Cyrano die App einem dreiwöchigen Test an seiner Schule. Der Lerneffekt wurde durch vorher und nachher ausgefüllte „Rechenbögen“ ermittelt, und das Ergebnis war beeindruckend. Calchunt bietet nicht nur eine unterhaltsame Möglichkeit, Mathematik zu praktizieren, sondern zeigt auch eine deutliche Lernkurve. Cyrano hat es geschafft, eine Brücke zwischen Tradition und Digitalisierung zu schlagen, und sein Projekt verspricht neben viel Spaß auch einen nachhaltigen Beitrag zum Mathematikunterricht.

Cyrano Schneisig an seinem Stand beim Regionalentscheid „Jugend forscht“ am Montag, 19. Februar 2024, in Koblenz. 
Cyrano Schneisig an seinem Stand beim Regionalentscheid „Jugend forscht“ am Montag, 19. Februar 2024, in Koblenz. Den Wettbewerb richtet die evm seit über 20 Jahren aus. Foto: Sascha Ditscher/evm


Apropos gewinnen

Cyrano Schneising ist ein wahrer Experte im Bereich der Schülerwettbewerbe. Seit mittlerweile sieben Jahren ist er ununterbrochen bei „Jugend forscht/Schüler experimentieren“ aktiv und hat dabei insgesamt neun spannende Projekte auf die Beine gestellt. Das ist jedoch nicht alles - in manchen Jahren war er sogar mit mehreren Projekten gleichzeitig am Start.

Mit seiner beeindruckenden Erfolgsbilanz hat Cyrano nicht weniger als viermal den Regionalwettbewerb für sich entschieden. Beachtlich ist dabei, dass er sich in den verschiedensten Fachbereichen bewegt, von Arbeitswelt über Biologie und Chemie bis hin zu Mathematik und Informatik. Zusätzlich hat er auch Sonderpreise erhalten.

Der Auftakt zu Cyranos erfolgte 2018 im Fachbereich Chemie mit seinem Projekt „Kasein-Leim, ein Universalkleber?“. Damals war er gerade einmal 10 Jahre alt. Doch sein junges Alter konnte ihn nicht bremsen – im Regionalwettbewerb sicherte er sich damals den ersten Platz und setzte seinen Erfolg im Landeswettbewerb „Interdisziplinäre Arbeit“ fort, wo er mit dem Sonderpreis der MNU Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde.

Blick nach vorne

„Ich beschäftige mich Tag und Nacht damit, immer, wenn sich ein Zeitfenster öffnet.“ Da ist ein iPad, das er sich für die Schule anschaffen „musste“, sehr praktisch.

Zum Ausgleich zum Programmieren fährt Cyrano gerne Rad und erkundet die Gegend. Außerdem engagiert er sich als Betreuer von Kinderfreizeiten und ist aktives Mitglied der Jugendfeuerwehr.

Gibt es da einen Berufswunsch? Da er die erste Klasse übersprungen hat, steht er im nächsten Jahr schon im Abitur und möchte tatsächlich Lehrer für Mathematik, Informatik und Physik in der gymnasialen Oberstufe werden. Ein Blick in die Zukunft, der seine Liebe zu Zahlen und dem Streben nach Wissen unterstreicht.